Die Geschichte des Oktoberfests

Streifzug durch die Historie der Wiesn

Es ist das größte Volksfest der Welt — und das beliebteste. Das Oktoberfest zieht Jahr für Jahr Millionen von Besuchern in seinen Bann. Und wer einmal da war, kommt in der Regel wieder. Aber kaum einer weiß, wie alles anfing und wem es zu verdanken ist, dass es die Wiesn in ihrer heutigen Form überhaupt gibt. Zeit, das zu ändern.

Menschen ohne Tracht auf dem Oktoberfest 1904
Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-KV-1100, Sammlung Valentin
Die Menschen noch ohne Tracht: Das Oktoberfest im Jahr 1904.

Das erste Oktoberfest: Pferderennen für eine royale Hochzeit

Pferderennen für eine royale Hochzeit 1810
Münchner Stadtmuseum, Peter Hess
Das Pferderennen auf dem Oktoberfest um 1810.

In den Bierzelten auf dem Oktoberfest gilt auch heute noch der Grundsatz: Der Kunde ist König. Trotzdem ist es einem bürgerlichen Offizier zu verdanken, dass ungefähr sechs Millionen Besucher jedes Jahr so gemütlich zusammen kommen. Andreas Michael Dall’Armi, Mitglied der Bayerischen Nationalgarde, hatte die Idee, die Hochzeit von Prinzregent Ludwig von Bayern, dem späteren König Ludwig I., und Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen einfach mal anders zu feiern: nämlich mit einem großen Pferderennen. Der Bankier und Kavallerie-Major übermittelte seinen Vorschlag an König Max I. Joseph von Bayern, der auf Anhieb angetan war.

Geheiratet wurde dann am 12. Oktober des Jahres 1810. Die offiziellen Feierlichkeiten zur Hochzeit dauerten fünf Tage. Die bereits damals als „Volksfest“ bezeichneten Feierlichkeiten in der Innenstadt wurden am 17. Oktober mit einem Pferderennen auf einer Wiese vor den Toren Münchens beendet. Der anwesenden Königsfamilie huldigten Kinder in bayerischen Volkstrachten mit Gedichten, Blumen und Früchten des Landes. Zu Ehren der Braut wurde die Festwiese „Theresens-Wiese“ getauft. So heißt der Oktoberfestplatz noch heute: „Theresienwiese“ - im Münchner Sprachgebrauch kurz „die Wiesn“ genannt.

Auch wenn damals noch kein Bierzelt und kein Fahrgeschäft auf der Wiesn stand: Das war die Geburtsstunde des Oktoberfests. Andreas Michael Dall’Armi erhielt für die „Erfindung“ des Oktoberfests 1824 die erste goldene Bürgermedaille der Stadt München. Sein Grab befindet sich auf dem Alten Südlichen Friedhof und im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg wurde eine Straße nach ihm benannt.

Hugo Haase auf dem Oktoberfest mit Personengruppe vor dem Karussell, Oktoberfest 1905.
Stadtarchiv München, de-1992-fs-nl-kv-2074, Sammlung Karl Valentin
Das Karussell Hugo Haase auf dem Oktoberfest 1905.

1819: Das Oktoberfest wird zur Chefsache

Ein Jahr nach der Hochzeitsfeier 1810 waren sich alle einig: Bitte mehr davon! Ohne königliche Hochzeit brauchte das Fest natürlich einen neuen Veranstalter, und das war der „Landwirtschaftliche Verein in Bayern“. Für den Verein war die neu ins Leben gerufene Festivität die perfekte Gelegenheit, die eigenen Leistungen ins Rampenlicht zu stellen. In der damaligen Zeit jagte bekanntermaßen ein geschichtliches Großereignis das nächste, und deswegen musste das neu etablierte Oktoberfest bereits im Jahr 1813 wegen der napoleonischen Kriege das erste Mal ausfallen.

Nach dem Krieg fand die Wiesn Jahr für Jahr als privat finanzierte Veranstaltung statt, bis 1819 die Stadtväter das Event zur Chefsache machten. Auch in den oberen Kreisen war inzwischen angekommen, dass das Oktoberfest Besuchergarant und eine sprudelnde Einnahmequelle war, also sollte es jedes Jahr gefeiert werden.

Oktoberfest im 19. Jahrhundert: Die Bavaria, Meilensteine und schwierige Jahre

Im Jahr 1850 gab es dann wieder richtig was zu feiern: Die Wächterin über das Oktoberfest und Symbolfigur Bayerns, die Statue der Bavaria, wurde enthüllt und ein Teil der Ruhmeshalle eingeweiht. Auf dieses Highlight folgten direkt die nächsten schwierigen Jahre. Kriege und Cholera sorgten für vieles, aber nicht für Feststimmung.

Es sollte dann einige Jahrzehnte dauern, bis die Stunde einer heutigen Wiesn-Institution schlug, die beim besten Willen nicht mehr vom Oktoberfest wegzudenken ist: 1881 wurde die erste Hendlbraterei eröffnet und das mittlerweile traditionelle Wiesnhendl an die hungrigen Besucher verkauft. Im späten 19. Jahrhundert entwickelte sich das Oktoberfest immer mehr zu dem Fest, wie wir es heute kennen. Die ersten großen "Bierburgen" wurden ab 1896 von unternehmungslustigen Wirten in Zusammenarbeit mit den Brauereien aufgestellt. Bald wurden auch zünftige Brotzeiten und deftige Münchner Schmankerl feilgeboten und so entstand im Laufe der Zeit die so genannte Wirtsbudenstraße.

Das einstige Hippodrom mit der Fassade von Carl Gabriels Pracht-Reitbahn auf dem Oktoberfest 1912
Stadtarchiv München, DE-1992-FS-NL-PETT3-0036, Georg Pettendorfer
Das einstige Hippodrom mit der Fassade von Carl Gabriels Pracht-Reitbahn auf dem Oktoberfest 1912

Seit 1818 sind die Schausteller auf der Wiesn

Den anderen Teil des Festgeländes bestimmen die Betriebe der Schausteller. 1818 wurden das erste Karussell und zwei Schaukeln aufgestellt – ein bescheidenes Angebot an allgemeinen Vergnügungen während der ersten Jahrzehnte. In den 1880er Jahren begann die Blüte des deutschen Schaustellergewerbes und der Karussellindustrie. Dies setzte den Grundstein zur Wiesn, wie wir sie heute kennen: eine breite Palette von Fahrgeschäften, Belustigungen, Schaubuden und vielem mehr begeistert Jung und Alt.

Der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer zapft das erste Fass an.
Stadtarchiv München
16. September 1950: Der damalige Oberbürgermeister Thomas Wimmer zapft das erste Fass an. Zuvor hatte er 17 Schläge gebraucht. 

Das Oktoberfest im 20. Jahrhundert: Ein Auf und Ab 

Vom historischen Oktoberfest bis zur Wiesn, wie wir sie heute kennen dauerte es noch eine Weile. Zum 100. Jubiläum der Wiesn, im Jahre 1910, wurden in der Pschorr-Bräurosl, dem damals mit 12.000 Plätzen größten Festzelt, 12.000 Hektoliter Bier ausgeschenkt. In jedem Jahr kamen neue und immer aufregendere Fahrgeschäfte auf die Wiesn.

In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fiel das Oktoberfest wegen der beiden Weltkriege und Wirtschaftskrisen mehrmals aus oder muss als kleineres Herbstfest stattfinden. Nach dem Zweiten Weltkrieg findet das einst obligatorische Pferferennen lediglich in den Jubiläumsjahren 1960 und 2010 statt.

1950 zapfte erstmals der Münchner Oberbürgermeister Thomas Wimmer das erste Bierfass im Schottenhamel an. Und stellt gleichzeitig einen nicht sehr schmeichelhaften ewigen Rekord auf: Mit 17 Schlägen ist es nicht nur der erste, sondern auch der schlechteste Anstich der Wiesn-Geschichte. Seither ist es Tradition, dass der Oktoberfest-Anstich durch den Oberbürgermeister erfolgt. Die berühmten Worte „Ozapft is“ haben inzwischen Kultstatus. Seit dem Jahr 1980 erhält der amtierende Bayerische Ministerpräsident die erste Maß Bier überreicht. 

Am 26. September 1980 explodierte eine Bombe am Haupteingang des Oktoberfestes, 13 Menschen wurden dabei getötet und über 200 Besucher verletzt. Unter den Opfern war der Attentäter Gundolf Köhler selbst. Das Oktoberfestattentat gilt als einer der schlimmsten Anschläge in der deutschen Geschichte. Die Ermittlungen zum Fall wurden 2014 wieder aufgenommen

Blick ins Bräurosl Festzelt
München Tourismus, Jan Saurer
Das Oktoberfest ist ein Publikumsmagnet und erfreut sich ungebrochener Beliebtheit.

O’zapft is, Blasmusik, Oide Wiesn: So feiern wir heute

Heute ist das Oktoberfest das größte Volksfest der Welt und zieht jährlich rund sechs Millionen Besucher an. Jedes Jahr fallen neue Rekorde, seien es die konsumierten Maß Bier oder die verzehrten Hendl. Um das größte Volksfest der Welt für Familien noch attraktiver zu machen, wurde im Jahr 2005 die „ruhige Wiesn“ eingeführt. Die Festwirte sind seitdem dazu angehalten, erst ab 18 Uhr Partymusik spielen zu lassen und davor bei bayerischer Blasmusik zu bleiben.

Und auch die Geschichte der Wiesn wurde auf sehr schöne Art wiederbelebt. Zum 200. Jubiläum im Jahr 2010 fand auf dem Südteil der Theresienwiese zusätzlich zum „regulären“ Oktoberfest eine historische Wiesn statt, die an die Historie dieses Festes erinnern sollte. Neben einem familienfreundlichen Programm gab es jede Menge Kultur und auch das Pferderennen, mit dem alles seinen Anfang nahm. Die „Oide Wiesn“ war so ein Erfolg, dass sie seitdem jedes Jahr stattfindet — vor allem die Einheimischen haben sich sofort in ihre „Oide“ verliebt. Nur wenn parallel alle vier Jahre das Bayerische Zentral-Landwirtschaftsfest stattfindet, muss sie für ein Jahr pausieren.